Daraufhin hagelte es Proteste: Das sei Zensur, man dürfe an den Klassikern nichts verändern.
Mir fiel auf, dass keiner der Kommentare in den Zeitungen die Frage beantwortete, was dieses Wort mit den Leserinnen und Lesern von Kinderbüchern macht. Kein Artikel fragte, ob wir in einem Land, in dem jedes dritte Kind unter fünf Jahren einen Migrationshintergrund hat, Kinderbücher brauchen, in denen das Wort „Neger“ vorkommt.
Ich halte schon seit langer Zeit Vorträge zum Thema Rassismus in Kinderbüchern, und immer wieder wird mir vorgehalten, ich übertriebe, ich witterte überall Rassismus, obwohl die Kinder selbst ganz offen seien und einen gänzlich vorurteilsfreien Blick hätten.
Mir wird gesagt, den Kindern selbst fiele es gar nicht auf, wenn in Kinderbüchern z.B. eine Person „Neger“ genannt würde und wenn alle anderen dargestellten Figuren Weiß und deutsch sind. Kinder würden Faktoren wie Hautfarbe und Herkunft keine Beachtung schenken. Solche Einschätzungen sind Wunschbilder, denn – so die Forscherin Stefanie Boldaz-Hahn – Kinder lernen früh, dass Hautfarben und Herkunftskulturen unterschiedliche Wertigkeiten haben.
„Bereits mit zwei Jahren besitzen Kinder die Fähigkeit, Geschlechter, Farben und eben auch Hautfarben zu unterscheiden, [und sie können] bereits mit drei Jahren Unbehagen gegenüber Merkmalen zeigen, die nicht der gesellschaftlichen Normvorstellungen entsprechen – in bezug auf Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft und körperliche Beeinträchtigung“.